Traum – Psychose – Art Brut

In der Erörterung zur psychischen Natur des Wünschens kommt Freud im VII. Kap. der „Traumdeutung“ zu dem Schluß, daß das Wünschen auf ein Halluzinieren hinausläuft, also auf eine Wahrnehmungsidentität zielt = die Wiederholung einer Wahrnehmung, die mit einer Bedürfnisbefriedigung verknüpft ist. Das Träumen als halluzinatorische Wunscherfüllung ist harmlos, weil während des Schlafes der Zugang zur Motilität versperrt ist. Können wir nicht die gängige Einordnung von bestimmten psychotischen Bildproduktionen als Art Brut als das Delegieren eines kollektiven Träumens betrachten? Als Betrachter von Kunstwerken können wir uns einem regressiven Kunstgenuß hingeben, der uns versagt bliebe, würden wir uns eingestehen, daß wir bildgewordene Halluzinationen vor uns haben.

Was kann psychoanalytische Theorie zur Erklärung des Massenphänomens der neuen Rechten beitragen?

Die neue Rechte hat alle Merkmale einer Massenbildung, wie Freud sie beschrieben hat. Je größer die Masse, je mehr Mitglieder sie hat, desto deutlicher werden diese Züge.

1921 beschreibt Freud in „Massenpsychologie und Ich-Analyse“, dass es bei der Bildung der Masse wesentlich darum geht, dass die Individuen ein und dasselbe Objekt an die Stelle ihres Ichideals setzen und sich dann miteinander „in ihrem Ich“ identifizieren.  Durch diese doppelte Identifizierung fallen Ichideal und Ich zusammen. Die Spannungen, die normalerweise zwischen den beiden Instanzen herrschen fallen weg. Hemmungen und Rücksichten, Selbstvorwürfe und Mäßigung verschwinden wie durch Zauberhand, ebenso wie Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle.

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Affekt und Affektvermögen

Analog zu Marx‘ Unterscheidung zwischen Arbeit und Arbeitskraft sollte man zwischen einem Affekt und dem entsprechenden Affektvermögen unterscheiden.

So kann man zum Beispiel sagen, jemand fühle sich zwar im Moment nicht schuldig (Affekt), besitze aber durchaus ein Schuldgefühl (Affektvermögen). Oder jemand schäme sich zwar im Moment nicht, habe aber durchaus ein Schamgefühl. (Im Gegensatz zu Menschen, von denen man sagen kann, dass sie überhaupt kein Schuld- oder Schamgefühl besitzen; dass es ihnen also grundsätzlich am jeweiligen Affektvermögen fehlt und sie darum notwendigerweise keine Schuld oder Scham empfinden können.) Weiterlesen →

Verdrängung

Eigentlich wollte ich Euch etwas über die verschiedenen Arten der Übertragung bei Freud schreiben, aber jetzt ist mir ein Gedanken dazwischen gekommen. Er knüpft an das bekannte Gleichnis Freuds aus der „Verdrängung“ (Stud.ausg., III, 113) an: „Das allgemeine Schicksal der den Trieb repräsentierenden Vorstellung kann nicht leicht etwas anderes sein, als daß sie aus dem Bewußtsein verschwindet, wenn sie früher bewußt war, oder vom Bewußtsein abgehalten wird, wenn sie im Begriff war, bewußt zu werden. Der Unterschied ist nicht mehr bedeutsam; er kommt etwa darauf hinaus, ob ich einen unliebsamen Gast aus meinem Salon hinausbefördere oder aus meinem Vorzimmer oder ihn, nachdem ich ihn erkannt habe überhaupt nicht über die Schwelle der Wohnungstür treten lasse.“ Weiterlesen →